Svetlana Geier (gebürtig: Swetlana
Michailowna Iwanowa; * 26. April 1923 in Kiew, Sowjetunion; † 7. November 2010 in Freiburg im Breisgau) war eine Literaturübersetzerin,
die aus dem Russischen, ihrer Muttersprache, ins Deutsche übersetzte. Sie lebte seit 1943 in Deutschland.
Leben
Svetlana Geier wurde 1923 als Tochter russischer
Eltern in Kiew geboren. Ihr Vater war Naturwissenschaftler, ein Spezialist für
Pflanzenzucht, ihre Mutter stammte aus einer Familie zaristischer Offiziere. Ihr
Vater wurde 1938 im Zuge von Stalins Großem Terror verhaftet und starb 1939 an den Folgen der Haft.
Svetlana Iwanowa hatte eine behütete Kindheit und
erhielt schon früh Privatunterricht in Französisch und Deutsch. 1941, im Jahr
des Überfalls der deutschen Wehrmacht
auf die Sowjetunion, machte sie ihr Abitur mit
Bestnoten und immatrikulierte sich an der Fakultät für westeuropäische Sprachen
der Ukrainischen
Akademie der Wissenschaften. Dort
wurde sie auch als Übersetzerin am Geologischen Institut tätig.
Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in Kiew nahm
sie eine Stelle als Dolmetscherin auf der dortigen Baustelle
der Dortmunder Brückenbau AG an. Ihr war ein Stipendiumin Deutschland versprochen
worden, wenn sie zuvor ein Jahr für die Deutschen arbeiten würde. 1943, nach
der Niederlage der deutschen Truppen in der Schlacht von Stalingrad, musste das Unternehmen seine Tätigkeit in Kiew einstellen. Svetlana
Iwanowa war sich bewusst, dass sie wegen ihrer Arbeit für die Deutschen für
ihre Landsleute eineKollaborateurin war und dass sie in der Sowjetunion niemals würde studieren können. Auch
ihre Mutter wollte nicht länger mit den „Mördern des Vaters“ zusammenleben. So
schlossen sie sich gemeinsam der nach Deutschland zurückkehrenden
Brückenbaufirma an. Sie wurden festgenommen und kamen in ein Lager für Ostarbeiter in Dortmund, dem sie mit Hilfe von Freunden nach einem halben Jahr entkommen
konnten.
Nach einer Begabtenprüfung erhielt Svetlana ein Humboldt-Stipendium, wodurch sie ihren Traum von einem Studium verwirklichen konnte. Sie
zog mit der Mutter nachGünterstal, einem Stadtteil von Freiburg, und nahm 1944 an der Universität
Freiburg ein Studium der Literaturwissenschaft und vergleichenden
Sprachwissenschaft auf. Durch Heirat änderte
sie ihren Familiennamen in Geier.
Sie war Mutter zweier Kinder und lebte bis zu ihrem Tod in Günterstal.
Svetlana Geier wurde 1960 Lektorin für russische
Sprache an der Universität Karlsruhe. Seit 1964 hatte sie dort einen achtstündigen Lehrauftrag; bis zu ihrem
Tod fuhr sie einmal in der Woche mit dem Zug von Freiburg nach Karlsruhe . Darüber hinaus war sie von 1964
bis 1988 Lektorin für Russisch am Slawischen Seminar der Universität Freiburg . Von 1979 bis 1983 erfüllte sie einen
Lehrauftrag für Russische Sprache und Literatur an der Universität Witten/Herdecke.
Auch im Bereich der Schule hat Svetlana Geier sich um
den Unterricht der russischen Sprache Verdienste erworben: In Freiburg baute
sie den Russischunterricht alsPflichtwahlfach am Kepler-Gymnasium
Freiburg auf[1] und unterrichtete dort
viele Jahre. An verschiedenen Waldorfschulen in Deutschland betreute sie
25 Jahre lang den Russischunterricht.
Svetlana Geier starb am 7. November 2010 im Alter von
87 Jahren in ihrem Haus in Freiburg-Günterstal.[1] Das von ihr mehr als 50
Jahre bewohnte, der Stadt gehörende Haus könnte nach dem Willen einer privaten
Initiative zu einem literarischen und Übersetzer-Zentrum werden.[2]
Werk
Svetlana Geier gehörte zu den bedeutendsten
Übersetzern russischer Literatur im deutschsprachigen Raum. Sie übersetzte
unter anderem Werke von Tolstoi, Bulgakow und Solschenizyn. Einer größeren Öffentlichkeit wurde sie durch die Neuübersetzung der
großen Romane Fjodor Dostojewskis bekannt.
Sie scheute sich nicht, altbekannte Titel neu zu
formulieren. Dabei hat sie nach ihrer Aussage die Titel lediglich aus dem
Russischen übersetzt. Aus Schuld und Sühne
(Преступление и
наказание) wurde Verbrechen und
Strafe, aus Die Dämonen (Бесы) wurde Böse Geister,
aus Der Jüngling (Подросток) wurde Ein grüner Junge.
Zuletzt erschienen Dostojewskis Der
Bauer Marej (2008) und Der Spieler (2009). Anzumerken ist
allerdings, dass bereits Alexander Eliasberg 1921[3] und Gregor Jarcho 1924[4] den Titel des bekanntesten
Dostojewski-Romans mit Verbrechen
und Strafe übersetzten.
Durch ihre Arbeit an der Universität war Svetlana
Geier finanziell nie auf ihre Tätigkeit als Übersetzerin angewiesen. Dadurch
war es ihr möglich, sich für eine Übersetzung viel Zeit zu nehmen und sich ganz
in den entsprechenden Text zu vertiefen. Zwanzig Jahre verbrachte sie mit der
Übersetzung von Dostojewskis Romanen. Ungewöhnlich an ihrer Arbeitsweise war,
dass sie ihre Übersetzungen diktierte.
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Swetlana
Geier: Ein Leben zwischen den
Sprachen. Russisch-Deutsche Erinnerungsbilder. Aufgezeichnet von Taja Gut. Pforte, Dornach 2008
·
Swetlana Geier: Leben
ist Übersetzen. Gespräche mit Lerke von Saalfeld. Ammann, Zürich 2008
Die Frau mit den 5 Elefanten ist
ein Dokumentarfilm aus der Schweiz und Deutschland aus dem Jahr 2009. Der
Regisseur Vadim Jendreyko begleitet Swetlana
Geier, eine der großen zeitgenössischen Übersetzerinnen russischer Literatur
ins Deutsche, auf einer Reise an die Orte ihrer frühen Lebensgeschichte.
1 comentario:
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Francisco M.
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